KREUZUNG

Sr. Ruth Lackner zeigt in der Galerie Sigm. Freud in Graz bis 11. Juni bildnerische Arbeiten zum Thema „Kreuzung“.
Am 1. April 2025 wurde diese besondere Werkschau im LKH Graz II, Standort Süd feierlich eröffnet. Bernhard Haas begrüßte namens des Direktoriums die zahlreichen Gäste, darunter Sr. Petra Rosenberger, Generaloberin der Grazer Franziskanerinnen v.d.U.E.
Die Ausstellung sei einmal mehr ein Zeichen für die Öffnung des Hauses und der Psychiatrie nach außen und für Begegnung, erklärte der ärztliche Direktor Michael Lehofer die Intention der Galerie Sigm. Freud, die er seinerzeit initiiert hatte. Er sei dankbar, dass Sr. Ruth Lackner, die bei den Schulschwestern ein zurückgezogenes Leben im Dienste der Franziskanerinnen verbracht und sich zugleich als Künstlerin verwirklicht hat, ihre faszinierende Kunst nach außen trage. Es sei ein Geschenk, denn sie biete „eine Durchdringung der Realität“ an, so Lehofer.
Im Mittelpunkt steht der Kreuzweg von Sr. Ruth Lackner, der im Original in der Mutterhauskirche der Schulschwestern in Graz-Eggenberg zu sehen ist, und für die Ausstellung reproduziert wurde: Die Köpfe der Abgebildeten „haben etwas Liebevolles, etwas Zärtliches“, zeigte sich Michael Lehofer angetan von der „faszinierenden Idee, den Kreuzweg als Liebesgeschichte zu inszenieren.“ Es würde der katholischen Kirche ja sehr oft vorgeworfen, dass sie so leidensorientiert wäre. „Aber das Leiden ist auch hier an diesem Ort als Krankenhaus etwas, was wir immer wieder erleben - das ist das Wesen eines Krankenhauses, weil viele Menschen betreut werden.“ Das Leiden habe jedoch einen „viel zu schlechten Ruf“. Sicherlich bräuchten wir die Bejahung des Lebens, um uns zu stärken. Aber „das Leiden ist etwas, wo wir in unser wahres Ich hineingezwungen werden“, so der auch als Bestsellerautor, Philosoph und Psychotherapeut bekannte Lehofer: „Wir Menschen wollen es vermeiden, dieses Leiden, dass damit beginnt, wenn wir zu vergleichen anfangen, wie es sein sollte und wie es nicht ist.“ Das sei das Wesen des Leidens. Und: „Wir kommen nur durch Leiden zu einer neuen Existenz, anders geht es leider nicht.“ Darum sei auch die „Mythologie des Leidens und der Auferstehung von Jesus Christus etwas, das wir in unserem Leben – auch wenn wir an gar nichts glauben – erleben können: Dass, wenn wir etwas durchgemacht haben, in einer neuen, erlösten Realität enden.“ Darum sei das Leiden eigentlich eine Liebesgeschichte: „Und das ist die Geschichte, die Sr. Ruth mit ihren Bildern – zumindest für mich - erzählt“.
Michael Lehofer lenkte den Blick auch auf die Geschwister von Sr. Ruth Lackner, besonders auf ihren Bruder P. Franz Lackner, SVD, der auf einer völlig abgelegenen Insel in Indonesien fast Zeit seines Lebens als Missionar tätig ist, dort zwei Schulen und Internate gegründet hat und auf „unfassbare Weise und in karger Situation“ arbeitet und für die Menschen da ist. Dass Sr. Ruth Lackner ihrem Bruder immer wieder Geld aus dem Verkauf ihrer Bilder schickt, zeigt Lehofer deren „emotionale Bindung in die ganze Welt.“
Kuratorin Aurelia Meinhart - wie Sr. Ruth Lackner Kunsterzieherin und Künstlerin – habe bei Gesichtern des beeindruckenden Kreuzwegs auch an jene Menschen hier auf der Psychiatrie gedacht, die einen oft nur heimlich und mit verstohlenem Blick anschauen, um gleich wieder wegzusehen: „Wenn sie so hilfesuchend im Park spazieren gehen, frage ich mich immer: Welchen Kreuzweg haben sie vor sich?“, so Meinhart. In einem Text zum Kreuzweg schreibt Sr. Ruth: „Verraten, verurteilt, verspottet, gerichtet, geschlagen, verstoßen, unterdrückt, verlassen, ausgebrannt.“ Das gelte auch Menschen hier und viele von uns. Aber da sei auch Veronika, die Jesus das Schweißtuch reicht, was heißt: „Hilfe kommt von außen herein, man muss die Menschen von außen erreichen, um zu helfen.“ Die Szene, in der Jesu vom Kreuz abgenommen und in den Schoß der Mutter gelegt wird, sei schließlich „so liebevoll, dass einem fast die Tränen kommen.“
Auch Gerhard Stark, Vorstandsvorsitzender der Kages, würdigte Sr. Ruth Lackner für ihre einprägsamen Werke, darunter die Arbeiten mit Titeln wie „Menschenpfeil“, „Weg“, „Brückenpfeiler“ und „Dreigesicht“. Karlheinz Kornhäusl, Landesrat für Gesundheit und Kultur, meinte, er würde oft gefragt, was wichtiger sei: Gesundheit oder Kultur. Seine Antwort: „Ohne beides ist das Leben ungleich schwieriger.“ Und er eröffnete die Ausstellung mit einem Dank an die Verantwortlichen für diese Öffnung der Krankenhäuser und Sr. Ruth Lackner für ihr segensreiches künstlerisches Wirken.
Mit der wunderbaren Musik von Risgar Koshnaw aus Kurdistan auf der orientalischen Laute und dem aus Venezuela stammende Ismael Barrios (Perkussion) klang die Vernissage in der Galerie Sigm. Freud aus.
Gertraud Schaller-Pressler
Fotos: Michael Schaller
Ruth Lackner hat an der Akademie der Bildenden Künste bei Josef Mikl und Wolfgang Hollegha studiert. Als Ordensfrau hat sie trotz vielfältiger Einsatzgebiete in der Schule und Pfarre ein umfangreiches Oeuvre geschaffen, das ein ungewöhnliches breites Spektrum an verschiedensten Materialien beinhaltet. Ihr Künstlerischer Ausdruck ist geprägt von einer Tendenz zu expressiver Abstraktion und genauer Beobachtung. Ein Kondensat ihrer Wahrnehmung wird stets in einen größeren Kontext gebracht. Ihre Werke erzählen etwas vom Kampf des Lebens, von der Schönheit der Natur, und von der Notwendigkeit der Spiritualität. (Quo vadis / Wien)